Die Rosskastanien (Aésculus) sind eine Pflanzengattung
in der Familie der Seifenbaumgewächse (Sapindaceae)
mit rund 15 Arten in Nordamerika, Europa und Asien.
Früher wurden sie zusammen mit der im tropischen
Amerika vorkommenden Gattung Billia in eine eigene
Familie Rosskastaniengewächse (Hippocastanaceae)
gestellt.
Rosskastanien sind sommergrüne Bäume
oder Sträucher. Sie blühen in endständigen
Thyrsen und tragen im Herbst grüne, mehr
oder weniger bestachelte Kapselfrüchte, die
für den Menschen ungenießbar sind.
Kastanienfrüchte enthalten zwischen 3% und
8% eines als Aescin (auch: „Aesculin“)
bezeichneten Gemisches von Saponinen, an dem das
ß-Aescin mit etwa 40% den größten
Teil stellt. In unreifen Früchten liegt der
Saponingehalt noch etwas höher, und auch
die grünen Fruchtschalen enthalten Aescin,
das bei übermäßigem Verzehr zu
Erbrechen und Lähmungserscheinungen führen
kann, andererseits in der richtigen Dosis eingesetzt
in der Heilkunde seit langem bekannte positive
Wirkungen zeigt.
Verbreitung und Arten (Auswahl)
Die Gattung Aesculus hat eine sehr zersplitterte
(disjunkte) Gesamtverbreitung: zwei Arten kommen
in Japan vor, eine in Nord-China, eine in Ost-Indien,
eine im Nordwest-Himalaja, eine auf dem Balkan.
Die restlichen Arten stammen aus Nord-Amerika,
wo sie von den östlichen USA über den
mittleren Westen bis nach Kalifornien und Süd-Kanada
vorkommen. Die Tropen werden also nur in Ostindien
berührt, ansonsten bewohnen die Arten der
Gattung mild-humide Gebiete der gemäßigten
(nemoralen) Zone, meist im Gebirge. Dieses Verbreitungsmuster
wird als tertiär-boreale Reliktverbreitung
gedeutet.
* Japanische Rosskastanie (Aesculus turbinata)
* Chinesische Rosskastanie (A. chinensis)
* Indische Rosskastanie (A. indica; Afghanistan,
Himalaja)
* Gewöhnliche Rosskastanie, Weiße Rosskastanie
(A. hippocástanum; Südost-Europa)
- Baum des Jahres 2005
* Strauch-Rosskastanie (A. parviflora; USA: Südosten,
Florida)
* Gelbe Rosskastanie (A. flava; Südosten
bis Nordosten der USA)
* Rote Rosskastanie, Pavie (A. pávia; USA:
Virginia, West Virginia, südliche Präriestaaten,
Nordosten, Florida)
* Ohio-Rosskastanie, Amerikanische Rosskastanie
(A. glábra; östliche und mittlere
USA)
* Kalifornische Rosskastanie (A. californica)
Wegen ihrer dekorativen Blüten werden viele
Arten der Gattung bereits seit Jahrhunderten als
Park- und Hofbäume verwendet. Dabei sind
auch einige Hybriden entstanden, zum Beispiel:
* Fleischrote Rosskastanie (Aesculus x carnea
= A. hippocastanum x A. pavia)
* Allegheny- oder Hybrid-Rosskastanie (Aesculus
x hybrida = A. flava x A. pavia)
* Veränderliche Rosskastanie (Aesculus x
mutabilis = A. glabra x A. pavia)
* Carolina-Rosskastanie (Aesculus x neglecta =
A. flava x A. sylvatica)
* Wörlitzer Rosskastanie (Aesculus woerlitzensis)?
Rosskastanien sind nicht näher mit den Edelkastanien
verwandt (s. u.), lediglich die Früchte weisen
eine oberflächliche Ähnlichkeit auf.
Besonderheiten
Den Namen Rosskastanien haben sie, weil die Früchte
an Pferde verfüttert wurden. Auch heute noch
werden sie an Schalenwild verfüttert. Ein
weiterer möglicher Namensursprung könnte
daher kommen, dass die Narbe an der Stelle, wo
das Blatt mit dem Zweig verbunden war, wie ein
Pferdehuf mit Nägeln aussieht.
Den hellen Fleck auf der "Kastanie",
dem Rosskastaniensamen, nennt man auch Nabelfleck.
Die Samen der Rosskastanie werden außerdem
gerne zum Basteln verwendet. Insbesondere beim
Kreieren von Kastanienmännchen bringt der
Nabelfleck Individualität in das Geschaffene.
Wegen der großen Blätter sind Kastanien
die häufigsten Bäume in Biergärten.
Schädlinge
Mit der Rosskastanienminiermotte (Cameraria ohridella)
ist in den letzten Jahren ein gefährlicher
Schädling aus dem südosteuropäischen
Raum eingewandert (Neozoon), der insbesondere
die Gewöhnliche Rosskastanie befällt.
Der erste Befall von Rosskastanien in Deutschland
wurde bereits Anfang der 90er Jahre in Bayern
dokumentiert. Bei stark betroffenen Bäumen
fallen die Blätter bereits im Frühsommer
ab. Das Überleben der Rosskastanien ist allerdings
trotz des frühen Blattfalles gesichert, da
bis zu diesem Zeitpunkt bereits ausreichend Reservestoffe
für den Austrieb des nächsten Jahres
gebildet wurden. Es ist noch nicht geklärt,
ob der Baum auf Dauer geschwächt wird.
Übersehen wird dabei oft, dass die Rosskastanie
selbst in Mitteleuropa nicht heimisch ist (Neophyt).
Gegen Ende des 16. Jahrhunderts gelangte sie erstmals
nach Mitteleuropa und setzte sich rasch als Zierbaum
im Stadtgebiet oder als Wildfutterlieferant in
Wäldern durch. Wie die Miniermotte stammt
sie eigentlich vom Balkan, der Schädling
folgte ihr allerdings erst 400 Jahre später.
Rosskastanie in der Heilkunde
Die Phytotherapie kennt die Rosskastanie als
wirksames Mittel bei Krankheiten, die mit einer
erhöhten Durchlässigkeit der Blutgefäße
einhergehen. Dazu gehören Venenleiden vielerlei
Art wie Varizen (Krampfadern), Schmerzen und Schweregefühle
in den Beinen, nächtliche Wadenkrämpfe
sowie Juckreiz und Schwellungen; weitere Anwendungsfelder
sind Venenstauung, Venenentzündung, venöse
Durchblutungsstörungen und Stauungsödeme,
Fuß- und Beingeschwüre (Ulcus cruris),
Hämorrhoiden, Schwellungen und Entzündungen
nach
Verwendet werden verschiedene Wirkstoffe aus
den Samen (Früchten). Die aus medizinischer
Sicht wichtigste Substanz darunter ist das Saponin
Aescin (auch: „Aesculussaponin“ oder
„Aesculin“), das heute vor allem in
extrahierter Form angeboten wird, weitere in den
Kastanien enthaltene Stoffe sind Stärke,
Zucker, Eiweißstoffe und Flavone. Dieser
Wirkstoff-Komplex regt den Kreislauf an, fördert
die Durchblutung, steigert die Blutumlauf-Geschwindigkeit
und den venösen Rückfluss. Rosskastanien-Extrakte
erhöhen die Elastizität der Venen, verbessern
die Abdichtung der Venenwände und schützen
allgemein die Gefäße. So verhindern
sie, dass Flüssigkeit aus den Gefäßen
in das umliegende Gewebe austritt, tragen aber
auch zur Rückbildung bereits vorhandener
Wasseransammlungen bei, wodurch Schwellungen zurückgehen
und Schmerzen und Beschwerden wie Schwere- und
Spannungsgefühle oder Kribbeln in den Beinen
nachlassen können. Außerdem wirkt der
Extrakt schwach krampflösend und entzündungshemmend.
Äußerlich wird Rosskastanienextrakt
zur Haut- und Haarpflege verwendet und kommt in
vielen Badezusätzen, Shampoos und Cremes
verschiedener Hersteller zum Einsatz.
Dosierung und Anwendung
Eine Tagesdosis sollte bei etwa 100 mg Aescin
liegen, was der Einnahme von zwei Mal täglich
250-312,5 mg Extrakt mit einem Aescin-Gehalt von
je 40-50 mg als Retardtablette oder -kapsel entspricht.
Die heutigen industriell erzeugten Extrakte sind,
sofern die verordnete Dosierung eingehalten wird,
im Allgemeinen gut verträglich, nur in Einzelfällen
können Juckreiz, Übelkeit oder Magenbeschwerden
auftreten. Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln
sind nicht bekannt. Doch wie bei allen Naturheilmitteln
kann der Gehalt des medizinisch aktiven Wirkstoffes
abhängig von verschiedenen Faktoren wie der
Ernte der Heilpflanze, dem gewählten Extraktionsverfahren
und der Sorgfalt des Herstellers beim Produktionsprozess
stark variieren. Deshalb sollte man sich den Rosskastanien-Extrakt
entweder vom Arzt verschreiben lassen oder beim
Kauf den Apotheker fragen.
Quelle: Wickipedia.de